49 by Das Ritual

49 by Das Ritual

Autor:Das Ritual [Ritual, Das]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-07-01T08:58:58+00:00


Die Anstrengungen, die ihr Chef unternommen hatte, um sie zurück ins Leben zu holen, zeigten ihr, wie sehr er mit ihrer Arbeit zufrieden war. Und wenn es noch eines allerletzten Beweises bedurft hätte, daß Heraks in sie gesetzte Hoffnung berechtigt war, so lag dieser Beweis vor ihr in dem Glastank.

Schön.

Perfekt.

Nun – fast perfekt.

Die faltenlos glatte Haut war noch fahl; bleich wie ihre eigene.

»Ganz die Mutter«, sagte die Wissenschaftlerin mit leichenhaft starrem Lächeln.

Obwohl die Ähnlichkeiten mit der Hautfärbung auch schon aufhörten.

Wenngleich noch unfertig, so waren der Körper doch schon von kräftiger Statur und die reifenden Gesichtszüge von edlem Schnitt.

Wie sein Vorgänger zeigte auch dieses Geschöpf, geboren aus genetischer Mixtur, keinerlei Geschlechtsmerkmale. Es war in der Tat ein Es – ein Neutrum. Wie Herak es gewünscht hatte. Welchen Zweck er damit verfolgte, blieb sein Geheimnis. Es interessierte Brescia nicht einmal.

Nur dieser werdende Mensch als solcher war von Interesse.

Mensch?

Nicht zum erstenmal stolperte sie in Gedanken über diese Bezeichnung. Ohne jedoch zu stürzen oder sich auch nur länger als einen Lidschlag damit zu befassen. Ihre Zweifel erstickten ohne ihr bewußtes Zutun im Keim.

Daß sie zu bewußtem Handeln in ihrem ›zweiten Leben‹ fast noch weniger fähig war als vor jenem Zwischenfall, der sie ihr erstes gekostet hatte, dazu fehlte Brescia Lords jegliches Verständnis. Heute war sie selbst Heraks Geschöpf, wie das Wesen im Tank das ihre war. Er mußte sich nicht mehr damit begnügen, ihren Geist zu unterjochen.

Er besaß ihn.

Und er ließ darin nur geschehen, was seinem Ziel dienlich war.

Und was notwendig war, um Brescia-Täubchen am Leben – oder wenigstens am Handeln zu halten.

Nahrungsaufnahme war eins dieser notwendigen Dinge.

Trotzdem Brescia den zwingenden Impuls verspürte, der ihr bedeutete, daß es an der Zeit war, etwas zu sich zu nehmen, verharrte sie noch Sekunden vor dem Glasbecken. Ihr Blick klebte förmlich an den makellosen Zügen des Geschöpfs, als fürchtete sie, daß sich genau in dem Moment, da sie sich abwandte, etwas Entscheidendes ereignen könnte.

Eine Regung.

Ein Kräuseln der noch miteinander verwachsenen Lippen vielleicht.

Ein erster Lebensfunke in noch toten Augen …

Schließlich widerstand Brescia dem stummen Ruf nicht länger.

Sie drehte sich um und verließ das Labor.

Automatisch schloß sich hinter ihr die Tür.

Und schluckte die Warnsignale der Elektronik, die, einem disharmonischen Pfeifkonzert gleich, durch den Raum gellten.

*

»Ich schätze, ich bin im ›Online-Supermarkt für verrückte Wissenschaftler‹ gelandet«, flüsterte Steuart Goldenberg atemlos.



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